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Europäische Einlagensicherung geplant Will die EU an mein Sparbuch? Ein Teil der Antwort würde Sie verunsichern

Von Arvid Kaiser
Frankfurter Bankenviertel: Auch die deutschen Sicherungstöpfe müssen noch mit Geld gefüllt werden

Frankfurter Bankenviertel: Auch die deutschen Sicherungstöpfe müssen noch mit Geld gefüllt werden

Foto: Frank Rumpenhorst/ dpa

Angst. Angst ums Geld ist ein starkes Motiv in der Kampagne deutscher Banken gegen die geplante europäische Einlagensicherung.

Die Volks- und Raffeisenbanken beispielsweise stellen in einem Zeichentrickvideo  einen Herrn Peters vor, der vorbildlich Geld zurücklegt, um sich später Auto oder Urlaub leisten zu können. Damit das Geld sicher zurückkomme, gebe es Systeme der Einlagensicherung. "Diese sind in Deutschland vorbildlich." Ein Topf ist voller Geld, Daumen rauf.

Dann aber gibt es die EU, die diesen Schutz allen Sparern in Europa geben möchte. Okay, aber in vielen Ländern sind die Töpfe noch leer (weil dort im Ernstfall bisher eher die Notenbank oder der Staat einsprang, oder die Banken hinterher unter sich sammeln mussten). Seit Juli erst gilt eine Richtlinie, die das Füllen solcher Töpfe über die kommenden zehn Jahre vorschreibt. "Die EU hat aber schon wieder eine neue Idee", heißt es in dem Video.

Werden alle Geldtöpfe in Brüssel umgefüllt?

Das Schreckensbild: Alle Töpfe, der volle deutsche und die leeren anderen, werden umgefüllt in einen großen, aus dem sich dann alle bedienen. Da weicht das Lächeln des Herrn Peters einem säuerlichen Gesichtsausdruck. Die Botschaft: Was die deutschen Kreditgenossen in 80 Jahren zum gegenseitigen Schutz angespart haben, bringt Brüssel jetzt in Gefahr. "Um sich gegenseitig zu schützen, muss schließlich jeder gleich stark sein."

Tatsächlich hat sich die EU-Kommission mit ihrem an diesem Dienstag vorgestellten Modell  große Mühe gegeben, diese Ängste auszuräumen. Der geplante europäische Fonds Edis soll erst "allmählich, Schritt für Schritt" bis 2024 an die Stelle der nationalen Einlagensicherungssysteme treten. Zunächst müssen die im Krisenfall einer Bankpleite voll ausgeschöpft werden, bevor Edis angezapft werden kann.

Gespeist wird der Fonds aus ohnehin vorgesehenen Abgaben der Banken, die ausreichen sollen, um 0,8 Prozent der geschützten Einlagen mit einer gesetzlichen Garantie von 100.000 Euro je Sparer abzudecken. Vor allem: Die über diese Garantie hinausgehenden freiwilligen Schutzsysteme, wie sie die Volks- und Raiffeisenbanken, die Sparkassen oder auch die privaten Banken in Deutschland betreiben, sind davon unberührt.

Wie voll sind die deutschen Einlagensicherungsfonds wirklich?

0,8 Prozent - diese Zahl mag manchen verunsichern. Was ist mit den übrigen 99,2 Prozent? Sind die ungedeckt? Das Zielvolumen von Edis wird mit 40 bis 50 Milliarden Euro kalkuliert. Zum Vergleich: Die Bankeinlagen in der Euro-Zone - der Großteil davon nicht unter dem Schutz der EU-Richtlinie - belaufen sich heute bereits auf 17 Billionen Euro. Das System funktioniert, solange es nicht wirklich beansprucht wird.

Genauso steht es übrigens um die vollen deutschen Töpfe. Der Bundesverband deutscher Banken will ausdrücklich nicht verraten, wie viel Geld in seinem Einlagensicherungsfonds liegt - ähnlich wie die Genossenschaftsbanken oder die Sparkassen, die allein 13 verschiedene solcher Fonds betreiben. Die Information, dass zeit seines Bestehens (seit den 70er Jahren, nach dem Kollaps der Herstatt-Bank) noch nie ein Kunde seine Einlagen verlor, obwohl der Fonds rund 30-mal eingreifen musste, soll reichen.

In der separaten Entschädigungseinrichtung deutscher Banken, die für die gesetzliche 100.000-Euro-Garantie der EU zuständig ist, befanden sich zum Jahreswechsel gut 1,1 Milliarden Euro. Für das 0,8-Prozent-Ziel, das ab 2024 gilt, werden nach bisherigem Stand annähernd vier Milliarden Euro benötigt. Ähnlich sieht es in den anderen Banksparten aus. Auch die deutschen Banken müssen also erst einmal ihre Töpfe füllen, um dem EU-Ziel gerecht zu werden.

Bankkunden müssen vor allem ihre eigene Furcht fürchten

Und wofür das alles? Für EU-Finanzkommissar Jonathan Hill dient Edis dem Zweck, "dass das Maß des Vertrauens der Einleger nicht vom Standort einer Bank abhängt". So würde die Wechselwirkung von Banken- und Staatskrisen in Europa geschwächt, der europäische Wettbewerb verbessert, die Kreditvergabe angekurbelt und Jobs geschaffen - und außerdem die Gefahr vermindert, dass es überhaupt zu einer Bankpleite kommt, weil die Sparer das Vertrauen verlieren und ihr Geld zurückfordern.

Im Weg stehen "wahrgenommene oder echte Unterschiede" zwischen den nationalen Einlagensicherungssystemen. Wohlgemerkt ist "wahrgenommen" genauso wichtig wie "echt".

Was die Bankkunden am meisten zu fürchten haben, ist wohl ihre eigene Angst. Denn die kann auch das stärkste System zum Einsturz bringen.


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