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Türkei als möglicher Vorbote 1998, 2008 und nun 2018? - Kaufgelegenheiten in Finanzkrisen

Die Krise des Hedgefonds LTCM im August/September 1998 hätte die Finanzwelt fast aus den Angeln gehoben. Mit der Lehman-Pleite ziemlich genau zehn Jahre später erlebten die Banken und ihre Aktien das zweite böse Erwachen. Und wieder zehn Jahren später, im September 2018, könnte sich eine weitere Finanzkrise anbahnen. Der mutige Anleger weiß, wie er jetzt reagiert.
Recep Tayyip Erdogan: Der unnachgiebige Präsident bekommt die Lira-Krise in der Türkei nicht in Griff, greift sie jetzt auf andere Schwellenländer über? Banken-Anleger reagieren sensibel

Recep Tayyip Erdogan: Der unnachgiebige Präsident bekommt die Lira-Krise in der Türkei nicht in Griff, greift sie jetzt auf andere Schwellenländer über? Banken-Anleger reagieren sensibel

Foto: Uncredited/ dpa

Nicht erst seit Donald Trump ist in Amerika manches "great", was sich bei näherer Betrachtung als nicht ganz so great herausstellt. In diesen Tagen ist es ziemlich genau 20 Jahre her, dass einige Hedgefonds-Manager, die nichts dagegen hatten, als "Masters of the Universe" bezeichnet zu werden, einen "great" Hedgefonds betrieben. Dieser hieß Long-Term Capital Management (LTCM) und erweiterte seinen Glorienschein noch dadurch, dass er von einem Team von Nobelpreisträgern beraten wurde.

Zur Person

Georg Thilenius ist geschäftsführender Gesellschafter der bankunabhängigen Vermögensverwal-tungsgesellschaft Dr. Thilenius Management GmbH in Stuttgart. Das Unternehmen unterliegt der Kontrolle der BaFin.

Obwohl eigentlich alles great war, erlitt LTCM im August und September 1998 eine kräftige Schieflage: allein am Montag, 21. September 1998, schrieb der Fonds einen Verlust von 553 Millionen Dollar - was ihm in der Fachwelt den Namen "Wrong"-Term Capital Management einbrachte. Diese Schieflage führte dazu, dass am Mittwoch, 23. September 1998, die Chefs der wesentlichen Wall-Street-Häuser zu einer sehr dringenden Besprechung zum Chef der Federal Reserve zitiert wurden. Dort sollten sich die Banker verpflichten, zur Abwendung einer großen Finanzkrise, Eigenmittel von insgesamt 3,65 Milliarden Dollar zur Verfügung zu stellen, um den Zusammenbruch von LTCM und damit eine Kettenreaktion an den internationalen Finanzmärkten zu verhindern.

Einer unterschrieb die Garantieerklärung nicht: Richard Fuld, Chef von Lehman Brothers, war der Meinung, Lehman habe das Geld nicht. Der Investmentbank ging es damals auch nicht gut.

Natürlich hatten die Märkte die sich abzeichnende Schieflage gerochen, und Bankaktien fielen kräftig. Wer seinerzeit in diesen kritischen Tagen bei erstklassigen Häusern wie JPMorgan Chase oder BNP Paribas  - damals teilweise noch unter anderem Namen - zugriff, hatte später gut verdient. Der Kurs von J. P. Morgan Chase hatte in der Krise 30 Prozent und der von BNP Paribas 50 Prozent verloren. Richard Fuld selbst sollte seine Weigerung mitzumachen, ziemlich genau 10 Jahre später kräftig auf die Füße fallen. Denn in einem geschlossenen Club, wie es die Wall Street ist, schert keiner aus, wenn die Fed und die Vernunft die Linie vorgeben.

In diesen Tagen ist es nun ziemlich genau 10 Jahre her, dass Lehman Brothers mit großem Getöse pleite ging. Der Gesamtschaden lag bei etwas über 700 Milliarden Dollar. Nicht nur Lehman, sondern auch viele andere Banken hatten sich mit schlechten Immobilienkrediten verspekuliert. In mehreren Notoperationen, an der Wallstreet treffend "Shotgun Marriages" genannt, war im Frühjahr Bear Stearns mit J. P. Morgan zwangsverheiratet worden, und später Merill Lynch mit der Bank of America. Dies alles natürlich nach Veranlassung der Regierung und der Federal Reserve.

Natürlich hätte man trotz der erheblichen Größe auch Lehman auffangen können. Das unsolidarische Verhalten von Richard Fuld 10 Jahre zuvor hatte die Firma jedoch zu einem Außenseiter an der Wall Street gemacht und niemand war bereit, zu deren Rettung einzutreten. Nach dem Bankrott von Lehman verloren insbesondere Bank-Aktien und auch dort wieder die besten wie JPMorgan Chase  und BNP Paribas kräftig an Wert. Die Kurse beider Aktien hatten sich halbiert. Wer mutig war und die Situation damals richtig einschätzte, konnte beide Qualitätswerte im Ausverkauf sehr günstig erwerben.

Denn sechs Monate nach dem Bankrott von Lehman, begannen die Märkte zu drehen, und es begann eine kräftige Aufwärtsbewegung, die bis heute anhält.

Ziemlich genau wieder 10 Jahre später, im September 2018, könnte sich nun eine neue Finanzkrise anbahnen - allerdings kleineren Ausmaßes: Die Türkei und türkische Unternehmen haben Auslandsschulden in US-Dollar und Euro von mehr als 400 Milliarden Dollar aufgehäuft, deren Bedienung nach einer Abwertung der türkischen Lira um ungefähr ein Drittel seit Beginn dieses Jahres zunehmend schwieriger wird. Denn türkische Unternehmen müssen sehr viel mehr Lira aufwenden, um die Dollarkredite zu bedienen.

Die Inflation in der Türkei liegt bei 15 Prozent und die Regierung möchte die Zinsen nicht erhöhen. Wie die türkische Krise ausgeht, ist völlig offen. Es kann sein, dass es ein regionales Ereignis bleibt und nach einigen Monaten mehr oder weniger geräuschlos zu Ende geht. Ebenso ist eine Ansteckung in anderen Ländern mit schwachen Währungen und hohen Schulden in Dollar denkbar.


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In jedem Fall haben aber die Aktien der Qualitätsbanken wieder nachgegeben. Was sich vor 20 Jahren und vor 10 Jahren in vergleichbaren, wenn auch wesentlich dramatischeren Situationen bewährt hat, könnte sich nach unserer Meinung auch diesmal wiederholen. Je nach weiterer Entwicklung der Türkei-Krise und möglicher Ansteckung in anderen Ländern können mutige Anleger mit einem Zeithorizont von 12 Monaten nach unserer Meinung erstklassige Qualitätsbanken wie JPMorgan Chase und BNP Paribas auf gedrücktem Niveau kaufen.

Der Autor ist geschäftsführender Gesellschafter der Stuttgarter Vermögensverwaltungsgesellschaft Dr. Thilenius Management GmbH. Das Unternehmen unterliegt der Bafin.