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Analysten schreiben Banken ab "Das erste Quartal wird hässlich"

Die großen Geschäftsbanken haben ein schreckliches Quartal hinter sich, sagen Analysten. Selbst bei den US-Instituten - sonst eine Liga für sich - rechnen sie mit einem Gewinnminus von 20 Prozent. Der Deutschen Bank und Schweizer Instituten soll es nicht viel besser ergangen sein.
Von Reuters
Lloyd Blankfein: Der Goldman-Sachs-Chef könnte das schlechteste Quartalsergebnis seit zehn Jahren vorlegen, mutmaßen Analysten

Lloyd Blankfein: Der Goldman-Sachs-Chef könnte das schlechteste Quartalsergebnis seit zehn Jahren vorlegen, mutmaßen Analysten

Foto: Mark Lennihan/ AP

Was für ein miserabler Start ins Jahr: Noch nicht einmal vier Monate sind vergangen, und schon schreiben Analysten 2016 für die globalen Großbanken ab. Viele Branchenexperten rechnen damit, dass die US-Institute - mit Blick auf den Profit sonst eine eigene Liga - die ersten drei Monate als schlechtestes Quartal seit der Finanzkrise abbuchen müssen. Europäischen Rivalen wie der Deutschen Bank oder Credit Suisse dürfte es kaum besser ergangen sein.

Schuld ist vor allem das schwache Anleihen-Geschäft. Aber auch andere wichtige Bereiche im Investmentbanking wie etwa die Beratung bei Fusionen und Übernahmen oder der Handel mit Kreditverbriefungen mussten Federn lassen.

Jerry Braakman, Anlagechef beim Vermögensverwalter First American Trust, hält mit seinem Frust nicht hinterm Berg: "Das erste Quartal wird hässlich und wir gehen nicht unbedingt davon aus, dass das in der zweiten Jahreshälfte wieder aufgeholt wird."

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Dabei ist kein Quartal des Geschäftsjahres für Investmentbanken so wichtig wie das erste: Profi-Anleger schichten dann Milliarden um, Unternehmen platzieren Bonds. Doch in diesem Jahr vermiesten die rekordtiefen Zinsen, Angst vor einer Konjunkturabkühlung in China und den USA sowie der Einbruch des Ölpreises das Geschäft.

"Das waren im Bankensektor die beiden schlechtesten Anfangsmonate eines Jahres, die ich persönlich erlebt habe", sagt Deutsche-Bank-Finanzvorstand Marcus Schenck. "Das hat natürlich auch bei uns seine Spuren hinterlassen."

US-Banken dürften 20 Prozent weniger Gewinn gemacht haben

Bei den sechs größten US-Banken, die ab dieser Woche ihre Quartalszahlen vorlegen, dürfte das nicht anders sein. Bei ihnen erwarten Analysten nach Daten von Thomson Reuters im Schnitt einen Gewinnrückgang von 20 Prozent.

Mehrere Institute, darunter Goldman Sachs , dürften sogar die schlechtesten Ergebnisse seit mehr als zehn Jahren vorlegen. Goldman veröffentlicht am Dienstag, 19. April, als letzte der großen US-Geldhäuser seine Zwischenbilanz.

Den Auftakt der US-Berichtssaison macht diesen Mittwoch JP Morgan. Nach dem größten US-Institut folgen Bank of America , Wells Fargo , Citigroup  und Morgan Stanley  Schlag auf Schlag.

Erlöse für Fusionsberatung um bis zu 30 Prozent eingebrochen

Besonders schlecht dürfte es im Anleihengeschäft gelaufen sein, die Emission und der Handel von Unternehmensanleihen ging nach Einschätzung von Analysten das vierte Jahr nacheinander zurück. Der Handel mit notleidenden Krediten und Kreditverbriefungen befand sich im freien Fall. Auch das Geschäft mit Staatsanleihen und Aktien lief mau. Die Gebühreneinnahmen für die Fusionsberatung sowie Aktien- und Anleihenplatzierungen brachen laut Thomson-Reuters-Daten im ersten Quartal weltweit um fast 30 Prozent auf 15,6 Milliarden Dollar ein.

Vermögensverwaltungen schwach - Schweizer Institute und Deutsche Bank besonders betroffen

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Auch das stabilere Vermögensverwaltungsgeschäft, das für die Schweizer Großbanken UBS und Credit Suisse von großer Bedeutung ist, schwächelt seit Monaten. Wegen den Ausschläge an den Finanzmärkten halten viele reiche Kunden die Füße still - das drückt die Einnahmen der Geldhäuser.

Für die Credit Suisse und die Deutsche Bank kommt erschwerend hinzu, dass beide massiv umbauen müssen. "Deutsche Bank  und Credit Suisse  machen das in einem sehr schwierigen Markt", sagt UBS-Investmentbanking-Chef Andrea Orcel. Als sein Haus 2012 mit dem Umbau startete, sah das Umfeld noch viel günstiger aus.

Credit Suisse verschob Quartalbericht bereits

Der neue Credit-Suisse-Chef Tidjane Thiam hat bereits im März gewarnt, dass Abschreibungen im Anleihegeschäft und die Finanzmarkt-Turbulenzen dem Zürcher Institut im ersten Quartal einen Verlust eingebrockt haben. Die Veröffentlichung des Quartalsabschlusses verschob die Bank auf den 10. Mai.

Die Deutsche Bank , die am 28. April an der Reihe ist, hat ihre Aktionäre schon Anfang des Jahres auf zwei weitere Krisenjahre eingestimmt. Seitdem hat sich die Lage kaum gebessert. "Das Umfeld ist sehr dynamisch, leider lief die Dynamik in die falsche Richtung", räumt Aufsichtsratschef Paul Achleitner ein. "Der Wind kann sich aber ebenso schnell wieder drehen." Analysten halten es allerdings für unwahrscheinlich, dass die Großbanken mit der Hypothek aus dem ersten Quartal starke Bilanzen für das gesamte Jahr 2016 abliefern werden.

Weniger Risiko, weniger Profit

Aus vielen Ecken weht Gegenwind: "Die Regulierung zwingt die Banken, weniger Risiken einzugehen", bringt Safra Sarasin-Analyst Javier Lodeiro das aus Sicht vieler Banker größte Problem der Branche auf den Punkt. Strengere Regulierung gleich weniger Profit, so lautet meist die Begründung, wenn es darum geht, niedrigere Erträge zu erklären.

Doch ganz hoffnungslos ist die Lage nach Ansicht Lodeiros nicht: mittelfristig sei es möglich, dass viele Institute die Gewinne der vergangenen zwei oder drei Jahre wieder erreichen können. Allerdings gilt auch: "Die Boom-Jahre vor der Finanzkrise werden nicht zurückkommen."

von Olivia Oran, Oliver Hirt, Andreas Kröner (Reuters)