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Der Brexit und die Folgen Der Anfang vom Ende des Euro

Der Brexit ist keine neue Weltwirtschaftskrise. Dennoch: Die langfristigen Folgen des Votums werden gravierend sein.
Von Markus Schön
Ein Nettozahler weniger: Der Riss in der Eurozone wird sich vertiefen. Der Abschied des Nicht-Euro-Landes Großbritannien dürfte langfristig dazu führen, dass die Eurozone auseinanderbricht

Ein Nettozahler weniger: Der Riss in der Eurozone wird sich vertiefen. Der Abschied des Nicht-Euro-Landes Großbritannien dürfte langfristig dazu führen, dass die Eurozone auseinanderbricht

Foto: TONY GENTILE/ REUTERS

Der für alle Akteure an den Finanzmärkten überraschende Austritt Großbritanniens sorgt an den Märkten für große Verunsicherung. In einer ersten Reaktion fiel der Dax  um mehr 1000 Punkte, die US-Rendite für 10 Jahre laufende Staatsanleihen sank auf ein historisches Tief und der Euro  fiel gegenüber dem US-Dollar unter die Marke von 1,10.

Zwar relativierten sich einige der Entwicklungen wieder, aber die Reaktionen an den Finanzmärkten zeigten die Dramatik sehr deutlich. Dabei hat sich nur ein international - insbesondere ohne den dort dominierenden Finanz- und Immobiliensektor - wirtschaftlich mäßig bedeutendes Land entschieden, einen gemeinsamen Wirtschaftsraum zu verlassen.

Die Auswirkungen auf die Weltwirtschaft dürften überschaubar sein, da Großbritannien seine historische Bedeutung schon lange nicht mehr hat. Deswegen hat es im Zuge der recht schnell einsetzenden Markterholung nicht lange gedauert, bis erste Stimmen aufkamen, dass der Brexit nicht so schlimm sei. Schließlich könne Großbritannien - ähnlich wie Norwegen - ein Teil der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft bleiben.

Die Fliehkräfte werden zunehmen

Markus Schön
Foto: Markus Schön

Markus Schön ist Vermögensverwalter und Geschäftsführer der Schön & Co GmbH . Er hat mehrere Bücher geschrieben und 2007 die gemeinnützige Giving Tree Stiftung gegründet, die benachteiligte Kinder und Jugendliche unterstützt.

Diese Einschätzung ist ebenso falsch wie gefährlich. Der Austritt Großbritanniens ist in einer in weiten Teilen auf Freihandel setzenden Weltwirtschaft in erster Linie kein wirtschaftliches Problem.

Hier kann man sich an bestehende Abkommen anlehnen, ohne allerdings das Signal auszusenden, dass ein Austritt aus der EU ohne Folgen bliebe. Deswegen ist der Vergleich mit Norwegen und einer Zugehörigkeit zur EWG äußerst kritisch. So werden die ohnehin schon großen Fliehkräfte in Europa noch weiter an Kraft gewinnen und noch schneller als erwartet die Eurozone unmittelbar erfassen.

Dabei darf man nicht vergessen, dass der Weg heraus aus dem Euro am ehesten durch einen Austritt aus der EU möglich wird. Im Zuge der Griechenland-Rettung wurde dies intensiv diskutiert. Nun würde aber nach einem Referendum in den Niederlanden oder Finnland nicht der Austritt eines wirtschaftlich und finanziell schwachen Partners drohen, sondern es wäre dann der Austritt eines (bonitäts-)starken Landes aus dem gemeinsamen Währungsraum.

In der Vergangenheit sind Währungsgemeinschaften stets am Austritt eines starken Partners gescheitert. Dies ist für die Eurozone nach dem Referendum in Großbritannien wesentlich wahrscheinlicher geworden.

Vorbild Frankreich: Schuldenmachen wird wieder zum Trend

Dies gilt umso mehr, weil sich die Gewichte in Europa unter der Führung Frankreichs stärker in den Süden verschieben werden. Schließlich scheidet mit Großbritannien der drittgrößte Nettozahler aus der EU aus. Damit wird man die nordeuropäische Stabilitätspolitik, die keine Wachstumserfolge mit sich bringt, sehr schnell aufgeben.

Schuldenmachen wird wieder zum Modetrend. Dies ist Wasser auf die Mühlen der Europa-Kritiker in Finnland, den Niederlanden, aber auch in Deutschland. Entsprechend wird sich der bestehende Riss in der Eurozone vertiefen und zu einem Auseinanderbrechen bis zum Jahre 2025 führen.

Mit dem Brexit hat das letzte Jahrzehnt des Euro begonnen. Die wirtschaftlichen Konsequenzen aus dem Zerfall der europäischen Währung werden freilich ganz anderer Natur sein als die jetzt diskutierten Folgen des Brexit.

Gegen das, was unserer Wirtschaft dann bevorsteht, wird die Finanzkrise von 2008 nur ein laues Lüftchen gewesen sein.

Dennoch ist Panik zum jetzigen Zeitpunkt nicht zielführend. Europa hat viel Zeit, sich auf diese Entwicklungen einzustellen.

Starker Anstieg des Dollar - der Euro wird immer schwächer

Die Panik an den Aktienmärkten war - mit Ausnahme der Banktitel und einiger weiterer Unternehmen mit starken britischen Verbindungen - übertrieben. Dennoch liegt die Antwort auf das Ende des Euro nicht ausschließlich in Aktien, Gold oder Immobilien. Fremdwährungen sind hilfreich, da die erste Reaktion auf den Brexit mit einem starken Anstieg des US-Dollars einen Vorgeschmack auf die zukünftige Schwäche des Euro gegeben hat.

Zinsanlagen sollten auch für Fremdwährungen die Basis sein, weil die laufende Zinszahlung neue Anlagemöglichkeiten eröffnet und man bei entsprechender Qualität der Emittenten weiß, wann man sein Geld zurückerhält. Zudem sind die Zinsen für erstklassige Unternehmensanleihen in Australischem Dollar oder Russischem Rubel wesentlich höher als im Euroraum, in dem die EZB alle Risiken vordergründig nivelliert.

Brexit und die Folgen: Don´t Panic!

Markus Schön ist Geschäftsführer des DVAM Deutsche Vorsorge Asset Management GmbH und Mitglied der MeinungsMacher von manager-magazin.de. Trotzdem gibt diese Kolumne nicht notwendigerweise die Meinung der Redaktion des manager magazins wieder.