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Global Wealth Report der Allianz Deutsche sparen immer noch falsch - auch dank der Allianz

Im jüngsten Vermögensreport der Allianz fallen die Deutschen zurück - für die Allianz ist das "enttäuschend". Dabei haben Versicherer wie die Allianz in der Vergangenheit entscheidend dazu beigetragen, dass die Deutschen einen Großteil ihres Geldes so renditeschwach anlegen, wie sie es jetzt tun.
Diagnose "renditeschwach": Der jüngste Vermögensbericht der Allianz zeigt, die Deutschen sparen falsch, denn sie verlieren sogar Geld dabei

Diagnose "renditeschwach": Der jüngste Vermögensbericht der Allianz zeigt, die Deutschen sparen falsch, denn sie verlieren sogar Geld dabei

Foto: Peter Kneffel/ picture alliance / dpa

Das Geldvermögen der privaten Haushalte rund um den Globus wächst noch. Mit 4,9 Prozent im vergangenen Jahr auf 155.000 Milliarden Euro aber deutlich langsamer. In den drei Jahren zuvor lag der Zuwachs im Jahresschnitt noch bei 9 Prozent, heißt es im jüngsten "Global Wealth Report" der Allianz. Die "fetten Jahre" erklärt Allianz-Chefvolkswirt Michael Heise damit erst mal für beendet.

"Fett" ist vermutlich der richtige Ausdruck. Denn Vermögenszuwächse verbuchten dank der Billiggeldschwemme der Notenbanken vor allem jene, die ausreichend Spielgeld hatten, um es in die sich aufblähenden Aktien- und Immobilienmärkte zu investieren. Vor allem deshalb wuchs das private Geldvermögen in den sieben Jahren seit der Finanzkrise weltweit um 61 Prozent - und damit fast doppelt so schnell wie die reale Wirtschaft selbst.

Inzwischen aber scheint die "extrem expansive Geldpolitik" als Treiber der Aktienpreise an Wirkung zu verlieren, mutmaßt Heise. Da parallel die Zinsen in Ländern mit einer expansiven Geldpolitik bis in den Negativbereich rutschten, befänden sich die Sparer in einem echten Dilemma, warnt der Volkswirt.

Mit "Dilemma" meint der Mann natürlich auch die Deutschen. Abgerutscht sind sie im Vermögensranking, bekleiden mit 67.980 Euro Brutto-Geldvermögen pro Kopf weltweit "nur" noch Platz 20, nach Schulden ist es Rang 18. Selbst die über ihre Verhältnisse lebenden Italiener schneiden da besser ab.

Die Platzierung der Deutschen im Vermögensranking ist für die Allianz "enttäuschend". Dass sie hier nicht höher stehen, sei vor allem ihrer risikoarmen und von Verlustängsten geprägten Anlagestrategie geschuldet, pflichtet Allianz-Chef Bäte bei.

Ja, trotz Minizinsen steckt weiterhin ein großer Teil des Geldes hierzulande in Bankeinlagen. Und in Lebensversicherungen, deren Verzinsung ebenfalls drastisch gefallen ist. Und die Erkenntnis, dass Deutsche durch ihre Risikoscheu Jahr für Jahr Geld "verlieren" im Sparprozess, ist auch nicht neu.

Dennoch lässt es sich die Allianz nicht nehmen, die Folgen dieses Verhaltens auf die Vermögensbildung vorzurechnen - aber nicht etwa anhand des Renditeverfalls von Lebensversicherungen, sondern bezogen auf das Konkurrenzprodukt Bankeinlage. Ein Schelm, der Böses dabei denkt …

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Hätten also die Deutschen in den vergangenen vier Jahren statt 40 Prozent ihres Geldvermögens lediglich 30 Prozent in niedrig verzinste Bankeinlagen gesteckt und die so frei werdenden 10 Prozent je zur Hälfte in Aktien und Investmentfonds investiert, könnten sie 200 Milliarden Euro mehr Vermögen verbuchen. Natürlich fehlt der implizite Appell, mehr Risiko bei der Geldanlage zu wagen, nicht.

Hätte, hätte, könnte, sollte. … Mag man es noch hören?

Mögen die Dividendenzahlungen und Aktienkursgewinne in den vergangenen 15 Jahren in Summe auch beträchtlich gewesen sein: Die Risiken, den falschen Ein- oder Ausstieg in der Aktienanlage zu finden, waren es angesichts des dreimaligen Crashs (2001, 2008/2009, 2011) auch. Hier löste sich so manche Altersvorsorge komplett in Luft auf, verlor manch gutgläubiger Sparer schlicht seine finanzielle Existenz.

Immerhin anerkennt Bäte, dass dieses "Verhalten leicht nachvollziehbar" sei. Eben weil sieben Jahre nach Lehman der Mehrheit der deutschen Sparer das Vertrauen in die Finanzmärkte noch fehle. Auch sei die um sich greifende Idee von Negativzinsen nicht dazu geeignet, neues Vertrauen aufzubauen, sondern das Misstrauen zu erhöhen

Da dürfte der Allianz-Chef richtig liegen. Allerdings: Die Ursachen für eine "falsche" Vermögensbildung und Altersvorsorge der Deutschen hier vor allem der Geldpolitik zuzuschreiben, greift zu kurz.

Versicherer wie die Allianz haben über Jahrzehnte das Sicherheitsdenken der Deutschen bei der Geldanlage entscheidend geprägt. Ja, sie sind sogar Ursache dafür. Wäre dem nicht so, horteten die Menschen heute nicht so viel Geld in renditeschwachen Policen.

Und sie füllten nicht weiter die Kassen der Versicherer: Allein im vergangenen Jahr berechnete die Assekuranz den Kunden 7,2 Milliarden an Abschlusskosten für neue Verträge. Mindestens drei Milliarden mehr als eigentlich zugelassen, kritisieren unabhängige Experten.

Ob diese Form der Geldanlage der Vermögensbildung noch zuträglich ist, darf man zu Recht bezweifeln. Doch diesen zarten Hinweis sucht man im Wealth-Report der Allianz vergebens.

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